Hochästhetisch ziselierte Gewalt in einer klugen, bewegenden Geschichte: John Woo löst den Widerspruch auf atemberaubende Weise auf.
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Programm
Originaltitel
Face/Off
Regie
John Woo
Dauer
138 Min.
Kinostart
25.09.1997
Genre
Action
FSK
16
Produktionsland
USA
Cast & Crew
John Travolta
Sean Archer
Nicolas Cage
Castor Troy
Joan Allen
Eve Archer
Alessandro Nivola
Pollux Troy
Gina Gershon
Sasha Hassler
Nick Cassavetes
Dietrich Hassler
Dominique Swain
Jamie Archer
CCH Pounder
Dr. Holllis Miller
Myles Jeffrey
Michael Archer
Harve Presnell
Victor Lazarro
Colm Feore
Dr. Malcolm Walsh
John Carroll Lynch
Prison Guard Walton
Redaktionskritik
Hochästhetisch ziselierte Gewalt in einer klugen, bewegenden Geschichte: John Woo löst den Widerspruch auf atemberaubende Weise auf.
Hollywood ist gnadenlos. Das überstrapazierte Bild vom Haifischbecken wird immer wieder durch Machtspielchen, undurchsichtige Deals und faule Kompromisse bestätigt, mit denen sich gerade die besten, kreativsten und waghalsigsten Filmemacher herumschlagen müssen. Und daß man einem dahergelaufenen Chinesen uneingeschränkten Einfluß auf seine Filme zubilligt, fällt in den Bereich des Unmöglichen auch wenn dieser Chinese rund um den Globus den Ruf als weltweit bester Action-Regisseur genießt. Aber nach seiner Feuerprobe “Harte Ziele³ mit Jean-Claude Van Damme (an dem seltsamerweise kein Hongkong-Regisseur vorbeikommt, der in den USA Fuß fassen will) und “Operation: Broken Arrow³, der pyrotechnischen Kettenreaktion ohne kittende Geschichte, kehrt John Woo zurück zu seinen filmischen Wurzeln. Er hat ein Paradoxon inszeniert, das in dieser Form vom Aussterben bedroht ist: “Im Körper des Feindes³ ist Action mit Herz und Seele der erste heroic-bloodshed-Film aus Hollywood (heroic bloodshed = heldenhaftes Blutvergießen). Denn wie in seinem Hongkong-Meisterwerk “The Killer³ stehen nicht die Schießereien und Verfolgungsjagden im Mittelpunkt die Woo nach wie vor zu choreographieren versteht wie kein zweiter , sondern seine beiden gebrochenen Helden und ihre inneren Konflikte. Aber im Gegensatz zu den meisten seiner Hongkong-Epen, in denen selbst die erbittertsten Feinde durch ein seelisches Band zusammengeschweißt sind, existiert keine Freundschaft, keine Loyalität und keine Achtung zwischen Auftrags-Terrorist Castor Troy (Nicolas Cage) und Top-Agent Sean Archer (John Travolta). Nichts außer ihrer Besessenheit und ihrem leidenschaftlichen, unbändigen Haß auf den anderen verbindet die Erzfeinde und macht sie einander so ähnlich. Die beiden Schauspieltitanen Travolta und Cage verkörpern in Woos emotionalem Action-Epos Himmel und Hölle, Yin und Yang: Ohne es zu wollen, ist der eine zum wichtigsten Teil im Leben des anderen geworden. Und als Troy seinem Häscher endlich in die Falle geht, ist dies noch lange nicht das Ende der jahrelangen bitteren und qualvollen Jagd. Um seinen Kreuzzug zu Ende zu bringen, muß Archer in die Haut des im Koma liegenden Terroristen schlüpfen und herausfinden, wo Troy seine letzte Bombe gelegt hat. Eine spektakuläre Gesichtsoperation ver- wandelt den Jäger in den Gejagten. Doch der wacht aus dem Koma auf und schleicht sich nun mit dem Gesicht seines Erzfeindes in dessen Familie ein. Und die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischenŠ Natürlich wartet “Im Körper des Feindes³ mit den atemberaubendsten Actionszenen des Jahres auf nichts anderes hät- ten wir von John Woo erwartet: Die erste Eruption, in der Troy von einer FBI-Einheit gehetzt und gestellt wird, verweist die “Con Air³- oder “Tödliche Weihnachten³-Ballereien direkt auf die hintersten Plätze. Aber trotz aller Virtuosität seiner Actionsequenzen gehört “Im Körper des Feindes³ ganz und gar den Darstellern. Wenn man von “Pulp Fiction³ und “Leaving Las Vegas³ absieht, waren Travolta und Cage noch nie so gut wie in Woos brillantem Adrenalin-Thriller. Sie lassen einige dicke Drehbuch-Patzer vergessen und schenken dem irren Terroristen und dem verbitterten Agenten Tragik und Tiefe. War es vorher Nicolas Cage, so wischt sich Travolta nach der folgenschweren Operation nur selten sein diabolisches Lächeln aus den Mundwinkeln bad guys have more fun während sich auf dem Antlitz von Cage später dann aller Schmerz und alle Verzweiflung dieser Welt spiegeln. Sogar die Frauenfiguren, mit denen Woo in seinen Hongkong-Filmen stets herzlich wenig anfangen konnte, sind kleine, aber unerläßliche Räder im Motor seiner Geschichte: Gina Gershon, die Göttliche, ist eine zärtlich-toughe US-Variante der asiatischen battling babes, und Joan Allen gibt als Archers fragile und dennoch starke Ehefrau dem Agenten in seiner Qual und Bitterkeit Halt und Liebe. Die mitreißende Emotionalität seiner Geschichte, die Verweise auf die Coolneß seines Lieblingsdarstellers Chow Yun-Fat, die Reminiszenz an den “Killer³-Showdown in der Kirche und die Christussymbolik alles an “Im Körper des Feindes³ deutet darauf hin, daß John Woo zu seiner alten Form und seinem Selbstbewußtsein zurückgefunden hat. Sein visueller Einfallsreichtum, die elegischen Bilderfluten und die typische Verschmelzung von melodramatischen Momenten und knallharter Action, die in seinen Hongkong-Filmen stets zu finden waren, bestimmen auch die Atmosphäre von “Im Körper des Feindes³. “Harte Ziele³ und “Broken Arrow³ waren Zugeständnisse an den US-Kommerz, und der vergötterte Woo wurde für viele Fans zur beinahe tragischen Figur des Actionkinos. “Im Körper des Feindes³ ist sein Triumph über die Mechanismen Hollywoods. Der Action-Phoenix ist aus der Mainstream-Asche gestiegen. Eric Stahl
Fazit
Es gibt einen Gott des Actionfilms, und sein Name ist John Woo
Film-Bewertung
Face/Off – Im Körper des Feindes (US 1997)
Redaktion